Wer ein Stück unberührtes Italien sucht, ist hier richtig: Man darf Molise ruhig ein verkanntes Naturparadies nennen. Es liegt unmittelbar über dem Absatz des italienischen Stiefels, eingebettet zwischen den Abruzzen im Norden sowie Kampanien und Apulien im Süden. Jedem der drei war es schon einmal angegliedert; 1963 ernannte die italienische Regierung es dann zur unabhängigen Region. Einer ausgesprochenen Winzlingsregion: Nur das Aostatal ist noch kleiner und spärlicher besiedelt. Molise erstreckt sich vom Apennin bis zur Adria und hat eine durchwegs bergige Topographie. Sogar direkt hinter dem schmalen Küstenabschnitt steigen steile Hänge auf. Das Klima ist kontinental. Dies bedeutet rüde Winter mit reichlich Schneefall in den Bergen – perfekt für wundervolle Skigebiete wie das Matese-Massiv mit seinen Bergbächen, Ahorn-, Eichen- und Fichtenwäldern.
Die Molisaner waren traditionell ein Volk von Hirten und Bauern, sie kultivierten Olivenbäume, Reben, Weizen, Mais und Tabak. Dazu gesellte sich die Zunft der Messer- und Scherenmacher, welche man bis heute in der Hauptstadt Campobasso bei der Arbeit beobachten kann. Im 19. Jahrhundert emigrierte allerdings ein grosser Teil der Bevölkerung auf der Suche nach Arbeit und Brot. Noch heute besitzt die Region keine Reichtümer. Entsprechend bescheiden ist hier auch der Weinbau. Das Anbaugebiet zählt 5000 Hektar Rebfläche; die Winzer sind hauptsächlich genossenschaftlich organisiert und verkaufen immer noch viel Offenware. Jüngst aber nehmen immer mehr Erzeuger das Heft selber in die Hand.
Die zwei wichtigsten Rebsorten hat die Weinregion Molise aus der Nachbarregion Abruzzen eingeführt, welcher es lange Zeit administrativ unterstellt war. Der Montepulciano d’Abruzzo für Rotwein und der Trebbiano d’Abruzzo für Weisswein sind hier die Platzhirsche. In letzter Zeit beobachtet man aber den Willen, das Portfolio zu erweitern. Dabei lassen sich die Winzer vor allem von ihren Kollegen in Kampanien inspirieren, die einen wahren Schatz antiker süditalienischer Varietäten ihr Eigen nennen. Trauben wie Aglianico, Fiano oder Greco di Tufo fassen so nun auch in Molise Fuss.
Ein Geheimtipp ist die Tintilia del Molise. Diese rare Traube darf aus Qualitätsgründen nur in Lagen über 200 Metern gepflanzt werden. Sie ergibt tiefdunkle, tanninreiche Weine. Zum typischen Repertoire der Erzeuger gehört ausserdem Moscato in süsser und schäumender Version.
Molises bäuerliches Erbe macht sich auch in der Kulinarik bemerkbar. Zu den regionalen Spezialitäten gehören würzige Schaf- und Ziegenkäse, Pastasaucen mit Schweinschwarte, Lamm und Zicklein, oft gewürzt mit dem lokalen Peperoncino, den die Einheimischen liebevoll «Diavolino», Teufelchen, nennen, und der an frostigen Wintertagen für innere Hitze sorgt. Pasta stellt man hier «alla chitarra» her: Der Teig wird mithilfe eines Nudelholzes durch die «Gitarra» gedrückt, einen mit Stahldrähten bespannten Buchenholzrahmen. So bekommen sie ein quadratisches Profil, welches besonders viel Sauce aufnimmt. Viele althergebrachte Kuchen und Desserts werden übrigens statt mit Butter mit Olivenöl gefertigt.
keine
Biferno, Molise, Pentro di Isernia, Tintilia del Molise
Borgo di Colloredo, Di Majo Norante
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