Ein Kardiologe keltert kalabrische Spitzenweine aus der einheimischen Magliocco-Traube.
Gibt es irgendjemanden, der Kalabrien keinen Besuch abgestattet hat? Über die Jahrhunderte kamen und gingen Griechen, Römer, Germanen, Goten, Langobarden, Franken, Sizilianer, Sarazenen, Franzosen und Spanier. Kein Wunder: Die Region an der Spitze des italienischen Stiefels besitzt eine einmalige strategische Lage. Sie hat freien Zugang sowohl zum Ionischen als auch zum Tyrrhenischen Meer.
Entsprechend besitzt dort auch der Weinbau eine lange Tradition – die Eroberer hatten Durst! Doch wie in ganz Süditalien führten Armut, Misswirtschaft und Korruption dazu, dass im 20. Jahrhundert grosse Teile der kalabrischen Bevölkerung ihre Heimat verliessen, um andernorts ihr Glück zu suchen. So lag die Wirtschaft, und mit ihr auch die Weinwirtschaft, lange brach. Jüngst aber folgt die Region dem Vorbild Siziliens und Apuliens. Viele Massenweinberge wurden mit EU-Subventionen ausgerissen; jetzt gewinnt der Qualitätsweinbau an Profil.
Von den 24'000 Hektar Rebfläche des Anbaugebiets ist rund ein Viertel mit der einheimischen Gaglioppo-Traube bestockt. Fast wäre sie verschwunden, hätte sich nicht ein einzelner Winzer für sie eingesetzt. Nicodemo Librandi rettete quasi im Alleingang diese alte rote Spezialität und kelterte aus ihr den delikaten, fassgereiften Spitzenwein Cirò. Auch die Rebsorte Magliocco bewahrte er vor dem Vergessen – sie könnte eine der nächsten Aufsteigersorten des Südens werden. Zumal sich zu Librandi weitere Erzeuger mit Anspruch gesellt haben.
Einer der spannendsten Süssweine Italiens und ein absoluter Geheimtipp ist der Greco di Bianco. «Bianco» steht hier nicht für «weiss», sondern für den Ort an der äussersten Stiefelspitze, in dessen Nähe er produziert wird. Das bernsteinfarbene Elixier betört mit seinem würzigen Parfum und seiner klaren Frucht.
Auch die kalabrische Küche ist ausserordentlich abwechslungsreich – kein Wunder bei solch einer wechselhaften Geschichte. Die Araber brachten Zitrusfrüchte, Rosinen, Artischocken und die von den Kalabriern heiss geliebten Auberginen. Hier wurden die «Melanzane alla parmigiana» erfunden, der beliebte Auberginenauflauf mit Mozzarella und Parmesan. Aus Tropea stammt die süsse rote Zwiebel gleichen Namens – der Ort zieht aber auch mit seiner Wallfahrtskirche aus frühbyzantinischer Zeit Besucher an.
Eine weitere regionale Spezialität ist die Nduja, eine sehr scharf gewürzte, grobe, weiche Schweinswurst. Man streicht sie auf Brot oder gibt sie als Zutat an Pasta-Saucen. Zum Dessert lieben es die Kalabrier möglichst süss. Kuchen nennen sie übrigens «gatò», von Französisch «gâteau».
keine
Bivongi, Cirò, Greco di Bianco, Lamezia, Melissa, Sant’Anna di Isola Capo Rizzuto, Savuto, Scavigna, Terre di Cosenza
Ceratti, Le Moire, Librandi, Odoardi, San Francesco, Santa Venere
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